Sinnbringerstory; Erzählstrang "Brightest flame", 2. posting

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PyramidLaunchCrew
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Registriert: Do 10. Mär 2011, 20:10

Sinnbringerstory; Erzählstrang "Brightest flame", 2. posting

Beitrag von PyramidLaunchCrew »

Während Canaro rauchend auf die Straßenbahn wartet, herrscht keine zwei Kilometer weiter im „Grüner Mond“ Hochbetrieb. Es ist jedes Jahr im Frühling das gleiche Schauspiel. In den ersten warmen Tagen findet sich hier die stets ähnlich, mäßig interessante Mischung aus C-Prominenz, Bankern, angehenden Künstlern, it-Girls und weiteren zweifelhaften Existenzen ein.
Sie schlürfen ihren Latte oder bunte Cocktails, während sie mit süffisantem Blick in die Runde vom Glücksbonus in ihren Leben erzählen.

Mit der Eröffnung vor zwei Jahren avancierte der 'Mond' aus zweierlei Gründen schnell zu DER Szenekneipe in (…). Zum einen beschert die Nähe zum (...)er Bankenviertel alle die zeigewilligen Jungexhibitionisten als zahlende Kundschaft, die gutgelaunt und glücklich schwitzend das betriebswirtschaftliche Fundament vom 'Mond' bildet. „Doch die Kür“ sagt Irie immer, „das sind die Menschen im Mond“.

Irie Stradden, 'Mondwirt' und Ire von Beruf, hasst diese To-go-Leute. Doch deren Geld liebt er abgöttisch, wie er manchem Stammgast in Whiskeylaune ab und zu leichtsinnig verrät.
Einmal, zu später Stunde, zog er besoffen einem jungen Trainee von der xxxBank an der Krawatte und krakeelte ihn an: „Ist doch immer wieder das Gleiche mit euch Säcken in Aspik, Ihr breitet euch aus, beschwert Euch und morgen kommt ihr sowieso wieder. Aber ich! Hä hä ja Alter...ich krieg euer ganzes Geld...“ .
In Richtung Tresen schwankend plärrte er so genauso laut weiter und lallte immer wieder:
“Isss dasn Witz Leute....Fuckers...issdasder Hammeeer. Oder etwa nich?!!“.
Minutenlang herrschte Schweigen danach. Zum Glück ist der 'Mond' eine verkappte Rockkneipe, und so lief auch während Stradden´s Solo halblaute Musik, hinter der sich die etwa fünfzig peinlich berührten Gemüter mental ducken konnten. Alle taten danach nur so, als seien sie an einer eigenen Unterhaltung interessiert. Mit ihren eloquenten „Oh Honey, da fällt mir ein...“ und Krawatten zurecht zerrenden „Gut, wir müssen uns ja nun nicht dem Diktat des Moments beugen...“. Doch insgeheim wollte man natürlich unbedingt die Pointe von Irie´s nicht gemachtem Witz verstehen, oder aber man war eben schlicht peinlich berührt.
Irie gilt bei den Gästen als exotisches Original, das man in der Firma während passender Momente biersüffig im Geiste, rezitieren kann. Mit seinen bewusst gesetzten Spitzen und den spätabendlichen selbst ausgedachten Kalauern ist er zu einer Art intellektueller Ulknudel in (…) avanciert.

Ja, im Gegensatz zum übrigen Publikum betrachtet die High-society in (…) den 'Mond' als eine Art Menschenzoo. Als Anschauungsobjekt - zum Ablachen geeignet, die dämlichen Jeansmitläufer beobachtend.
Am Tag nach stress- und alkoholbedingten Bankerabstürzen gibt es dann während der Mittagspausen in Banken und Agenturen allerlei Zusammenkünfte. Auf den Bürofluren ist Irie Stradden und sein Alkoholwunderland meist wichtiger als der eigene Arbeitgeber. Solche „Unterredungen“ lösen sich dann meist auf mit Kommentaren wie: „...und dann hab ich gesagt: „Eure Armut kotzt uns aaaann! Huuaaaah haaa..“ und ähnlichen Analysen. Nachdem die Umstehenden einige Sekunden in angemessener Lautstärke mitgegeiert haben, löst sich die Gruppe auf. Jeder ist ab dann bedacht, spätestens im Moment des Eintretens ins eigene Büro das hämische Grinsen aus dem Gesicht zu haben.
Doch am nächsten Tag ist der 'Mond' natürlich brechend voll wie immer.

Abends ist der angeschlossene Biergarten, der wegen der vielen kreisenden Joints und der Wiese drum herum auch 'Grashalm' genannt wird, besonders beliebt. Durch die Lage auf einer leichten Anhöhe kommt die frische Abendluft, die weite Sicht und die untergehende Sonne mitten ins Gemüt hinein. Das Gefühl von Großstadtfreiheit kommt auf, welches in (…) Menschen in Anzügen, ebenso wie die stillen Besitzer der leise glänzenden Augen einen Tisch weiter, empfinden können.

Im Moment als Rigo Zacchardi auf seine Uhr schaut ist es jedoch noch hell, gerade einmal fünf Minuten nach Vier. Als er auf die Terrasse zum Mond-Biergarten hinaus tritt, findet er seinen Lieblingsplatz frei, und so mogelt er sich schnell zur äußersten Reihe durch. Ein Vierer-Tisch ganz hinten links, unweit einer riesigen Eiche, deren längsten winkenden Äste bis etwa zwei Meter über den Tisch reichen.
Gemächlich setzt er sich auf die verwitterte Bierbank. Er streicht sein schwarzes Jacket glatt und blickt zum ersten mal, seit er seine Lieblingskneipe vor einer Minute betrat, in die Runde der Gesichter. In fünf Minuten ist er verabredet.
Er macht es immer so, denn Rigo mag es, sich erst einmal zu akklimatisieren, bevor der Sinn seines Handelns, also hier die Verabredung mit einer guten Bekannten und ihrem neuen Freund, sich über ihn erbricht und er keine Gelegenheit mehr haben würde, in Balance zu kommen. Mit der Situation und mit dem, weshalb er in ihr steckt.

Rigo lächelt, als er Rebecca und ihren Begleiter erblickt. Beide balancieren zwischen Tischen und umher laufenden Menschen in seine Richtung. Hand in Hand, und ihm ebenso zulächelnd. Seit Tagen freut er sich auf diese Verabredung.

Roland Förster
Administrator
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Registriert: Mo 2. Aug 2010, 14:58

Re: Sinnbringerstory; Erzählstrang "Brightest flame", 2. pos

Beitrag von Roland Förster »

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:D Give me more. Wau.

Langsam aber sicher muss ich dann ja auch mal loslegen.

Toll gemacht.


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PyramidLaunchCrew
Beiträge: 182
Registriert: Do 10. Mär 2011, 20:10

Re: Sinnbringerstory; Erzählstrang "Brightest flame", 2. pos

Beitrag von PyramidLaunchCrew »

Bin echt gespannt auf deinen Part!
Thx 4 cmplmt :D

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