Sonnenschmerzaufgang, Florian Albrecht

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1. Sinnbringerbuch
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Sonnenschmerzaufgang, Florian Albrecht

Beitrag von 1. Sinnbringerbuch »

Sonnenschmerzaufgang

Ich blicke in den Sonnenaufgang und wünsche du wärst bei mir.
Wir könnten gemeinsam die Orange- Blaufarbene Geburt des Tages ansehen und dabei in unseren eigenen Träumen versinken. Träume von uns gesponnen, so zart wie fallender Schnee. Gemeinsam erdacht und der Wille Sie zusammen zu leben. Träumerisch seiltanzen, Balanceakt zwischen kalter Realität und warmen zarten Gebilden gemeinsamer Fantasien.

Doch jetzt, wo ich allein die Geburt eines einsamen Tages erlebe und mattes Sonnenlicht unsere Traumruinen rot färbt, fehlst du!
Ich hatte geglaubt an die Ewigkeit von Liebe, das ewige halten von Träumen und dem ewig anhaltenden Gefühl der Wärme.

Tanzen und Wandeln ein Leben lang durch die leuchtenden Städte und das genießen der verrückt erdachten Gebilde. Wir wären Herrscher über Tag und Nacht, Sonnenschein und Gewitterregen, Frühling und Herbst.

Geht am Morgen die Sonne auf, so suhlen wir uns in ihrer Wärme und während wir uns noch verliebt ansehen, unsere Blicke wie Feuer brennen und ein Lächeln den Tag begrüßt, wissen wir, dass es kein Ende geben wird. Wir könnten mit unserer Fantasie den Sonnenaufgang ewig halten.

Ewig. Dieses Wort, oft gebraucht und doch nur zäh wie benutztes Kaugummi. Es zerbricht, wortlos und mit Schmerzgeschrei. Zertrümmert in seine Enzeilteile, die wie anklagende Spiegelscherben auf dem Leben verteilt sind. Ein unzusammenhängendes Puzzle, das immer wieder unter eigenen inneren Peitschenhieben zusammen gesetzt wird, um in der Düsternis der eigenen Erinnerungen zu wühlen.

Von den Träumen und Fantasien sind mir nur dunkle Erinnerungen geblieben, kalt und angestaubt, irgendwo in dunklen Ecken des Kopfes vermodernd.
Und dann, wenn sich ein einsamer Sonnenstrahl, frisch geboren an diesem Tag, zu mir verirrt und mir etwas Wärme in meinen brüllenden Schädel schenkt, dann sticht wieder mein Herz.
Sticht sich an den Narben, die du hinterlassen hast, den ungeheilten, schlecht bandagierten Wunden, die mich oft Nachts weinend aufwachen und Erinnerungen über den Bettrand kotzen lassen.
Morgens durchwate ich diese Erinnerungssuppe und wenn ich mich dann im Spiegel betrachte möchte auf die Person, die ich sehe einschlagen. Dann breche ich weinend zusammen und nichts hat sich geändert. Die Tage sind einsam und beschissen wie zuvor, die Erinnerungssuppe ertränkt mich und die Fesseln der ungeteilten Hoffnung halten mich noch auf diesem irdischen Boden.
Irgendwann kommt der Tag, irgendwann kommt der Augenblick, jener Augenblick wo die Liebe wahr ist, und das dieser Augenblick das Ewigkeitenabbild unserer Liebe ist. Solange warte ich hoffe das ich die Hoffnung nicht verliere.

Don't know that I will but until I can find me
A girl who'll stay and won't play games behind me
I'll be what I am
A solitary man

Johnny Cash - Solitary Man

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