Regentanz ins Ungewisse; Mia Reschke

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1. Sinnbringerbuch
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Regentanz ins Ungewisse; Mia Reschke

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Regentanz ins Ungewisse

Eine Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. „Sollst du rauchen?“, erschrocken drehe ich mich um und da steht er. Schön und sexy, so wie eben nur er es kann, mit seinem verschmitzten Grinsen auf den Lippen. Für einen Moment kann ich ihn nur reglos anstarren. Ihn, diesen wunderschönen Mann, der meinem Herzen jedes Mal wieder einen solchen Hüpfer verpasste, dass mir für einen kurzen Augenblick schwindelig wurde. „Öhm...“, stammel ich und versuche gleichzeitig die Hand mit der Zigarette hinter meinem Rücken zu verstecken. Er lächelt und kommt langsamen Schrittes auf mich zu. Verunsichert schaue ich mich um, ob wir beobachtet werden, doch kann niemanden außer uns sehen. Als ich meine Stimme wieder finde, versuche ich so Selbstbewusst wie nur möglich zu klingen. „Wa...Was machst du hier?“, frage ich und bin damit gänzlich gescheitert. Mist! „Auf eine Frage stellt man keine Gegenfrage, Liebes“, gibt er zurück, steht plötzlich ganz dicht vor mir und fixiert mich mit seinen graublauen Augen. Abermals stockt mir der Atem. „Ich habe dich vermisst“, sagt er und wieder erfasst mich dieser wohlig warme Schauer und bei seinen Worten scheint mein Herz mal wieder kurz einen Moment auszusetzen. Wieso bringt seine Gegenwart mich immer so aus der Fassung? Was macht er mit mir? Hastig schnappe ich nach Luft. „Hat es dir die Sprache verschlagen?“, fragt er und lacht. Oh man, lachte er mich jetzt etwa aus? „Nein, ich bin nur überrascht dich hier zu treffen, ich wusste nicht, dass du hier Jemanden kennst?“, entgegne ich und merke wie ich rot anlaufe. „Ich hatte auch nicht erwartete dich hier zu treffen und wollte auch eigentlich nicht kommen. Doch jetzt bin ich froh, dass ich es getan habe“. Langsam macht er noch einen Schritt auf mich zu, sodass sich unsere Nasen nun fast berühren und ich seinen Atem auf meinem Gesicht spüren kann. Dann hebt er die Hand und streicht mir mit seinem Handrücken über die Wange. „So weich“, raunt er, während ich verlegen zu Boden schaue. „Meinst du das ist hier der richtige Ort dafür?“, frage ich unsicher, schaue wieder auf und blicke ihm dabei tief in die Augen. Zu meinem erstaunen lächelt er. „Genaugenommen ist jeder Ort der Welt der richtige dafür, dir meine Liebe zu zeigen. Doch du hast in gewisser Weise recht, es ist ein wenig riskant. Im Moment sind wir aber allein, also sehe ich keinen Grund es nicht zu tun.“ Und das alles nur wegen mir und für mich, schießt es mir durch die Gedanken. „Aber es könnte jeden Moment Jemand kommen“, gebe ich ängstlich zurück und sehe durch die Glastür, welche Raucherbereich und Festsaal verbindet. Als er mich mit seinen dunklen Augen fixiert, kann ich für einen kurzen Moment ein Glitzern in ihnen erkennen, welches ich dort noch nie zuvor gesehen habe. „Immer auf der Hut und immer auf das Wohl anderer bedacht“, er lacht, diesmal etwas lauter. „Nichts liegt mir mehr am Herzen, als meine Mitmenschen vor unangenehmen Auseinandersetzungen zu bewahren mein Herr“, gebe ich mit einem frechen Grinsen zurück und stupse ihm mit einem Zeigefinger auf die Brust. Für einen Moment macht er ein empörtes Gesicht, doch dann erscheint von der einen auf die andere Sekunde etwas herausforderndes darin. „Na wenn das so ist!“, sagt er, greift meine Hand und zieht mich durch den angrenzenden Garten in die Dunkelheit.

Das Gartenhäuschen auf das wir scheinbar zulaufen, kann ich nur schemenhaft erkennen, da ich viel zu sehr damit beschäftigt bin nicht über irgendetwas zu stolpern. Er hingegen scheint sich hier ziemlich gut auszukennen. Den Gedanken, dass er das hier schon öfter getan hat, verdränge ich. Am Gartenhaus angekommen, zieh er mich in seine Arme und ich schnappe überrascht von dieser Geste nach Luft. Gierig sauge ich seinen Geruch ein und lausche seinem Herzschlag. Langsam schiebt er mich rückwärts in Richtung Gartenhaus, bis ich die harte Holzwand an meinem Rücken spüre. Mit beiden Händen nimmt er mein Gesicht und schaut mich an. Und da war es wieder, dieses Glitzern in ihnen. Diesmal jedoch viel intensiver als zuvor. Ob das am Mondschein liegt? Es vergeht ein Augenblick, der sich hier bei ihm, fixiert von diesen Augen wie eine Ewigkeit anfühlt, ehe er wieder zu sprechen beginnt. „Ihnen liegt also nichts mehr am Herzen, als ihre Mitmenschen vor unangenehmen Auseinandersetzungen zu bewahren, habe ich das richtig verstanden?“, fragt er belustigt, während er sich mit beiden Händen über mir an der Holzwand abstützt und auf mich herunter schaut. „Ja das haben sie“, gebe ich frech zurück und trete unsicher vom einen aufs andere Bein. Erneut drückt er sein Becken gegen mich, sodass ich mich kaum noch bewegen kann. Sein Atem beschleunigt sich. „Wie kommt es dann, das Sie einen verheirateten Mann so um den Verstand bringen?“.

Ich starre ihn an und muss schlucken, denn darauf weiß ich einfach keine Antwort. Ich bringe ihn um den Verstand? Wenn überhaupt bringt er mich um den Verstand! Weiß er überhaupt, was seine Gegenwart und seine Berührungen mit mir machen? Doch weiter denken kann ich nicht, denn er küsst mich. Küsst mich, als sei es das letzte Mal und als würde sein Leben davon abhängen. Und ich selbst kann nicht anders, als es ihm nach zu tun. Erregt greift er in mein Haar, küsst meinen Hals und drückt mich nun so fest an die Holzwand, dass mir auch noch das letzte bisschen Luft aus den Lungen entweicht. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als ich plötzlich ein Geräusch wahrnehme, ihn von mir wegdrücke und in die Dunkelheit starre. „Was ist los?“, will er wissen und schaut in genau die selbe Richtung. „Ich habe etwas gehört!“, entgegne ich und kann meine eigene, wiederkehrende Angst in diesen Worten hören. Wortlos streckt er eine Hand aus, sodass diese nicht mehr wie wir durch das Vordach des Gartenhauses geschützt ist. „In der Tat, es regnet“, sagt er, lacht und küsst mich liebevoll. Erleichtert schnappe ich, nun da ich nicht mehr an der Holzwand klebe nach Luft und kann auch mir selbst ein Lächeln abringen.

Als er plötzlich, wie schon zuvor, nach meiner Hand greift und mich mit zu sich auf die Wiese in den Regen zieht, schreie ich überrascht auf. „Pssst..wir wollen doch nicht erwischt werden!“, zischt er mir vergnügt zu und zieht mich wieder in seine Arme. Der Ort wo ich hingehöre. „Natürlich nicht“, murmele ich und spüre wie ich peinlich berührt erröte. Bloß gut, dass es dunkel ist, denke ich und schmiege mich an ihn. „Tanz mit mir“, flüstert er, während er mir einen Kuss auf die Stirn haucht. „Also ehrlich gesagt..“, beginne ich, doch er unterbricht mich. Musste meine Unsicherheit also zwangsläufig bemerkt haben. „Du kannst nicht tanzen“, vollendet er und hebt mein Kinn, um mir wie so oft in die Augen schauen zu können. Das klang nicht wie eine Frage. „Nein, eigentlich nicht“, gestehe ich beschämt. Er bringt mich aber heute wirklich an meine persönlichen Grenzen. Als er eine Hand an meine Taille legt und mit der anderen nach meiner Hand greift, weiß ich sofort was er vor hat. „Du willst mir...?“ frage ich erstaunt, doch er unterbricht mich erneut. „Ja“, fällt er mir ins Wort. „Jetzt?“, entgegne ich erstaunt, doch er nickt nur stumm und zieht mich fester in seine Arme. Als er mich herumwirbelt, muss ich einen erneuten Schrei unterdrücken. Glücklich schaue ich gen Himmel und heiße die Regentropfen willkommen, welche sanft auf mein Gesicht fallen. Und in diesem Moment bin ich mir einer Sache sicher. Wo auch immer all das hier hinführen wird und wie ungewiss die Zukunft auch ist, dies war ohne Zweifel ein Abend, den ich nie vergessen werde.

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