Mit Leib und Seele die Seine; Mia Reschke

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1. Sinnbringerbuch
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Mit Leib und Seele die Seine; Mia Reschke

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Mit Leib und Seele die Seine

Als ich das Restaurant betrete, brauche ich nicht lange um ihn aus zu machen. Er fällt auf. Lässig steht er an der Theke, einen Fuß auf der Fußstange. Mit der rechten Hand stützt er sich ab und umspielt sein Kinn. Ich bleibe stehen, um ihn einen Moment zu beobachten, denn diese Körperhaltung kenne ich nur zu gut. Und ich täusche mich nicht, denn nur wenig später tritt eine äußerst attraktive Blondine aus der Küche und nimmt ihren Platz hinter der Theke ein. Als er beginnt mit ihr zu sprechen, überkommt mich eine Welle aus Angst und Wehmut. Sie wirken vertraut miteinander und als Blondies Hollywoodlache durch den Raum schallt, wird mir übel. Er dagegen bleibt völlig cool, streicht durch sein Haar und richtet seinen Hemdkragen gerade. Wie lange mag er schon hier sein und kennt er sie womöglich? Hat er ihre Handynummer schon? Treffen sich die Beiden morgen? Was hat sie was ich nicht habe? Hat er sie lieber als mich? Tausend Fragen schießen mir durch den Kopf und ich muss mich an den Türrahmen krallen, als mich plötzlich Schwindel überkommt. Schweißperlen bilden sich auf meiner Stirn, welche ich mir mit dem Handrücken wegwische. Oh Gott, bitte nicht jetzt. Als ich erneut zu ihm und Blondi schaue, sieht er mir direkt in die Augen. Seine Augen schwarz wie die Nacht, sein Blick eindringlich. Er mustert mich von oben bis unten. Ein Schauer durchfährt meinen Körper. Als ein Lächeln seine Lippen umspielt, zieht sich mein Unterleib zusammen. Wieso hat er mehr Kontrolle über meinen Körper als ich? Wie unfair!

Als er auf den Barhocker neben sich deutet, setze ich mich in Bewegung. Tunlichst darauf bedacht nicht über meine eigenen, immer noch wackeligen Beine zu stolpern, durchquere ich den Raum. Genau wie er, verfolgt Blondi jeden meiner Schritte, aber ich habe nur Augen für ihn. Er ist wegen mir hier, nicht wegen ihr. Er will mich, nicht sie. Ich wiederhole es wie ein Mantra. Als ich ihn erreiche, greift er nach meiner rechten Hand und streicht mit seinem Daumen über meinen Handrücken. „Hey“, flüstere ich und lächele ihm zu. Schüchtern schaue ich gen Boden, als er mit seiner anderen Hand mein Kinn hebt. „Du siehst wunderschön aus!“. Ich spüre wie ich rot werde. Blondi die uns immer noch beobachtet, hebt ungläubig die Augenbraue. Hör nur hin Barbie, er will mich, nicht dich! Als ich ihr einen, meinen alles vernichtenden Blick zuwerfe, was auch für ihn nicht unbemerkt bleibt, meldet er sich erneut zu Wort. „Ich würde dann gern etwas mit dir essen“, sagt er belustigt und will mich an der Hand schon in Richtung der Tische ziehen, als mich eine Welle erfasst. „Scheiß auf essen!“, schnaufe ich und presse meine Lippen hart auf die seine. Sofort zieht er mich in seine Arme, drückt mich an seine Brust und erwidert meinen Kuss. Überrascht von dieser Geste, schnappe ich nach Luft und sehe ich an. „Ich will dich jetzt!“, sage ich und betone dabei jede Silbe, während ich ihm tief in die Augen schaue. Sein Blick verändert sich, wird dunkel. „Sicher?“, fragt er und mustert mich eindringlich. Ich nicke. „Wie du meinst“, gibt er zurück, fasst mich hart am Handgelenk und schleift mich in Richtung Ausgang. Als ich höre wie Blondi sich an ihrem Getränk verschluckt und husten muss, grinse ich in mich hinein. Dieser Punkt geht dann wohl oder übel an mich!

Als wir unter dem fragenden Blick der Rezeptionistin hastig den Flur passieren und schließlich an den Fahrstühlen angelangt sind, bin ich völlig aus der Puste und zugegebenermaßen sehr froh, nicht über meine eigenen Füße gestolpert zu sein. Während er auf die Türen des Aufzugs starrt, beobachte ich ihn im Augenwinkel und staune wieder einmal darüber, wie schön dieser Mann ist. Denn trotz seiner meist ausdruckslosen und undurchdringlichen Miene war er wunderschön, darüber ließ sich einfach nicht streiten. Und ich war hier bei ihm, meine Hand immer noch in der seinen. Ich, die sich nur liebend gern selbst als Bauerntrampel bezeichnete und deren Name noch nie im Zusammenhang mit einem Wort wie grazil oder sowas in der Art gefallen war. Aber wozu hat man denn Freundinnen, die es sich nur all zu gern zur Lebensaufgabe machten, dem entgegen zu wirken? Wiederworte waren bei meiner Freundin Lucy absolute Zeitverschwendung und so musste ich mich wohl oder übel auf die , wie sie es gern nannte Verwandlung „vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan“ einlassen. Was nicht weniger bedeutete, als meine Jeans, mein Top und meine super bequemen Ballerinas, gegen ein Cocktailkleid und die Folterinstrumente an meinen Füßen eintauschen zu müssen. Nun, was tat man nicht alles, um den Frieden zwischen Freundinnen aufrecht zu erhalten. Oh ja, nach heute war sie mir definitiv etwas schuldig! Oder war ich es womöglich ihr? Mit einem lauten Klingeln, welches mich aus meinen Gedanken reißt, kündigt sich der Fahrstuhl an. Und er, eben dieser schöne Mann, welcher immer noch meine Hand hält, zieht mich mit zu sich ins innere. Als er statt einen Knopf für eines der Stockwerke zu drücken, stattdessen einen Code in das Zahlenfeld eingibt, sehe ich ihn fragend an. „Du hast doch nicht etwa?“, frage ich und sein Mund verzieht sich zu einem Grinsen. Zärtlich legt er seine Hand auf meine Schulter, drückt mich an sich und küsst mir aufs Haar. „Du bist doch verrückt!“, sage ich und schaue ihn verständnislos an. Er grinst erneut und sieht zu mir. „Ja das bin ich, verrückt nach dir!“, entgegnet er und geleitet mich durch die sich soeben geöffnete Fahrstuhltür.

Weiches Licht erhellt den geschmackvoll eingerichteten, einfach viel zu riesigen Raum und für einen kurzen Moment fühle ich mich völlig fehl am Platz. Ja ich fühle mich sogar verloren. „Na bist du sprachlos?“, schallt seine Stimme durch den Raum, während er sich in einer Ecke des Raumes, an einem der Schränke zu schaffen macht und plötzlich sanfte Klavierklänge den Raum erfüllen. Das er meine Hand losgelassen und ich genau vor dem Fahrstuhl stehen geblieben war, hatte ich gar nicht bemerkt. Langsam, fast ehrfürchtig trete ich weiter in den großen Raum und sehe mich um. Ich musste einfach träumen, denn das hier konnte einfach nicht real sein. Lucy jedenfalls würde ausflippen, wenn ich ihr davon erzählte. Mitten im Raum stand ein riesiges Sofa, auf welchem sicher die ganze deutsche Fußball Nationalmannschaft Platz hätte. Das Kingsize Bett fand seinen Platz in der hinteren Ecke des Raumes und zu meiner linken war die, wahrscheinlich besser als jeder Schnappsladen bestückte Bar. Alles farblich aufeinander abgestimmt, in zarten Pastelltönen. Ein Traum. Aber all das wurde durch die Fensterfront in den Schatten gestellt, die sich über die mir gegenüberliegende Seite erstreckte und welche auf einen Balkon führen musste, denn er machte sich augenblicklich daran zu schaffen. Mit einem Fuß auf dem Balkon, mit dem anderen noch im Wohnzimmer dreht er sich zu mir um, lächelt und streckt die Hand nach mir aus. „Na komm schon, ich möchte dir etwas zeigen. Die Aussicht ist Atemberaubend!“.

Lächelnd reicht er mir eines der Weingläser und stößt mit mir an. Und ich, im Gegensatz zu ihm leere es sofort. Mit einem lauten Lachen stellt er seines auf das Tischchen vor uns und sieht mich belustigt an. „Da hat wohl jemand Durst!“ scherzt er. Ich werde rot und sehe zu Boden, kann mir jedoch ein Grinsen ebenfalls nicht verkneifen. Liebevoll legt er seine Hand auf mein Bein, streicht darüber und hebt dann die andere an mein Kinn um mich zu zwingen, ihm in die Augen zu sehen.
„Sieh mich an“, sagt er und ich gehorche. Und wie erwartet, sehe ich in tiefschwarze von Begierde erfüllte Augen. Die Augen die ich liebte. Als er mir einen Kuss auf den Mundwinkel haucht, spüre ich wie mein Körper augenblicklich auf seine, wenn auch nur zarte Berührung reagiert. Gänsehaut macht sich auf meinen Armen breit, Hitze steigt in mir auf und wieder einmal merke ich, wie sehr mir seine Berührungen gefehlt haben. Wie sehr ich sie brauchte und wie gut sie mir taten. „Ist dir kalt?“, fragt er, sieht mich besorgt an und zieht mich auf seinen Schoß. Für einen Moment muss ich daran denken, dass der letzte Schoß auf welchem ich gesessen hatte, der vom Weihnachtsmann war und es definitiv nicht die selber Wirkung auf mich hatte. Ja, ich muss sogar ein wenig schmunzeln, weil ich ihn mir mit weißem Bart und Weihnachtsmannkutte vorstelle. Eine durchaus interessante Vorstellung, auf welche ich zu einem späteren Zeitpunkt nochmal zurück kommen sollte. Ich schüttele den Kopf und streiche mir über den Arm. „Nein, das machst du mit mir“, stammele ich, merke wie ich erneut rot anlaufe und sehe ihn entschuldigend an. Er schaut ungläubig und streicht mir eine Strähne hinters Ohr. „Ich?“, flüstert er. Ich nicke. Wie gern ich ihm doch die ganze Wahrheit sagen würde. Ihm sagen würde, wie es um mich stand und was ich für ihn fühlte. Aber selbst wenn ich es versuchen würde, ich könnte es nicht in Worte fassen. Niemals.

„Und was ist, wenn ich das hier mache?“, fragt er, küsst mich vom Hals abwärts bis zum Schlüsselbein und sieht mich anschließend herausfordernd an. Ich nehme ohne auf seine Frage zu antworten seine Hand und lege sie auf mein Herz. Und auf seinem zunächst ausdruckslosen Gesicht, erscheint einen kurzen Moment später ein Lächeln. Liebevoll gleitet seine Hand zu meinem Hals, dann zieht er mich näher zu sich, um mich zu küssen. Augenblicklich macht mein Herz einen Hüpfer und legt noch einen Zahn zu. Überrascht klammere ich mich an ihn, als er mit einem Ruck aufsteht und mich zum Bett trägt. Sanft legt er mich darauf ab, zieht erst meine und dann seine Schuhe aus. Dann legt er sich neben mich und stützt mit einer Hand seinen Kopf ab. Erwartungsvoll sehe ich ihn an und kann mir wieder mal ein Lächeln nicht verkneifen. „Was gibt es da zu lachen?“, fragt er ebenfalls belustigt und streicht mir mit der anderen Hand über die Wange um gleich im Anschluss noch ein wenig näher zu mir zu rutschen. „Hast du dich mal richtig umgeschaut?“, frage ich und deute in den Raum und auf die Fensterfront, durch welche man mittlerweile die ganze Stadt in ihrer nächtlichen Pracht bestaunen konnte.

„Das alles hier ist der helle Wahnsinn!“. Er lacht laut auf, dann liegt er auch schon auf mir und drückt mich in das Meer von Kissen. Vor Überraschung gebe ich ein Quieken von mir. „Du bist der Wahnsinn!“, flüstert er mir ins Ohr, während er erneut meinen Hals küsst. Oh lieber Gott, bitte lass mich jetzt nicht ohnmächtig werden, bete ich und greife ihm erregt ins Haar, während er sich mit Küssen meinen Körper hinab arbeitet. „Hey, nicht daran ziehen!“, protestiert er und mustert mich mit seinen dunklen Augen. Ich muss lachen, doch ihm scheint nicht zum lachen zu mute zu sein. Immer noch sieht er mich wie versteinert an. Dann blitzschnell, greift er nach meinen Handgelenken und hält sie mit einer Hand über meinem Kopf fest. Mit der anderen macht er sich an meiner Hose zu schaffen. Meine Vorfreude steigt ins unermessliche. Ja ich will ihn, will ihn hier und jetzt. Und unbegreiflich aber wahr, ihm schien es genauso zu gehen. Ich gehöre ihm, mit meinem Leib und meiner Seele. Und eines lag auf der Hand: dass hier war viel zu gut, um keine Sünde zu sein.

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